Die Suchmaschinenpolitk rückt immer mehr ins Blickfeld der Öffentlichkeit. In der aktuellen Ausgabe der Technology Review (03/08) beschäftigt Ralf Grötker sich in einem Special auf 16 Seiten mit Google, Microsoft, Yahoo und Co. Unter dem Titel "Politische Querelen behindern europäische Google-Alternative" berichtet er als vorab vom Special auf Heise.de über die gescheiterte deutsch-französisch Suchmaschineninitiative Quaero und das deutsche Folgeprojekt Theseus. Hierin wird auf die unterschiedlichen Anschauungen von Frankreich und Deutschland bei den Zielen der Förderung als Grund hingewiesen.
Laut Wirtschaftsstaatssekretär Hartmut Schauerte gehe der deutsche
Rückzug aus dem Projekt (Quaero) zurück auf einen "Wunsch" des
Thomson-Konzerns,
der eine enge Verzahnung nicht mehr für erreichbar gehalten habe. In
Frankreich dagegen heißt es, eine Gruppe deutscher Forscher habe zu
sehr darauf gedrängt, den Fokus auf semantische Technologien zu lenken.
Das Projekt war am 26. April 2005 anlässlich eines deutschen
Staatsbesuchs in Paris ursprünglich als "elektronische europäische
Bibliothek" angekündigt worden. ... In der Antwort auf
eine Anfrage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Grietje Bettin ließ
Wirtschaftsstaatssekretär Schauerte seinerzeit wissen, dass Deutschland
90 bis 100 Millionen Euro Fördermittel bereitstellen werde, aus
Frankreich komme ein vergleichbarer Betrag. Zusammen mit den
Eigenmitteln der beteiligten Unternehmen sollte sich dadurch ein
Gesamtbudget für Quaero von "deutlich über 400 Millionen Euro" über die
Laufzeit von fünf Jahren ergeben. Doch daraus sollte nichts werden:
"Erste Hinweise zeichneten sich - rückblickend - im September/Oktober
2006 ab ...
... Das BMWi darf Theseus nun tatsächlich mit 90 Millionen Euro über fünf
Jahre fördern. Die Partner aus Industrie und Forschung bringen
ebenfalls 90 Millionen Euro auf, sodass das Programm ein Gesamtvolumen
von 180 Millionen hat. Mancher Unternehmer stört sich allerdings daran,
dass bislang nur relativ Internet-ferne Großkonzerne und keines der
deutschen Vorzeige-Internet-Unternehmen wie United Internet oder Web.de
beteiligt sind. (22.02.2008 12:34, http://www.heise.de/newsticker/meldung/103921)
Viel Geld fliesst dort. Mehr als die Trennung von Frankreich und
Deutschland im Förderprogramm verwundert mich jedoch, dass fast
ausschliesslich technologieferne Firmen an dem darauf folgenden
deutschen Forschungsprogramm "Theseus" teilnehmen. Auch freie
Software-Projekte wie Yacy oder deutsche Entwickler von Nutch/Lucene
erhalten meines Wissens bisher keine Förderung aus Bundesmitteln.
Kleine Summen könnten dabei gerade hier potentiell enorme Fortschritte
erzielen.
Der Teaserbeitrag
auf der Onlineseite von TR handelt von der Übermacht Googles und den
Ansätzen kleiner Suchmaschinen und ehemaliger Suchmaschinengrößen wie
Lycos durch Spezialangebote ihre Reichweite zu erhöhen.
Wie sehr Google das erfolgsverwöhnte Alphatier Microsoft über die Jahre
hinweg zermürbt hat, lässt sich seit diesem Februar an einer Zahl
ablesen: 45 Milliarden Dollar. So viel möchte Microsoft für den
wichtigsten verbliebenen Google-Rivalen Yahoo! ausgeben - annähernd das
Doppelte seines Börsenwertes vor dem Übernahme-Angebot. Dieser
Frontalangriff zeigt, dass Microsoft sich offenbar nicht mehr dazu in
der Lage sieht, durch eigene Kraft und eigene Produkte im
Suchmaschinengeschäft zu Google aufschließen zu können. Wenn sogar Microsoft sein Heil nur noch in milliardenschweren
Zukäufen sucht - wer sonst soll in der Lage sein, neben Google zu
gedeihen? Tatsächlich hat sich in der Nische, die Google übrig gelassen
hat, ein lebhaftes Biotop aus kleinen Suchmaschinen mit völlig
unterschiedlichen Ansätzen entwickelt. Ist unter ihnen schon die
Suchmaschine zu finden, der es einmal gelingen wird, Google zu schlagen
- so wie Google einst selbst den lange als unangreifbar geltenden
Konkurrenten Altavista aus dem Feld geräumt hat? ... Unter den neuen
Suchmaschinenanbietern, die hier ihre Chance sehen, gibt es zum
Beispiel solche, die auf Menschen setzen statt auf Algorithmen. Beim
neuen Dienst ChaCha etwa stehen menschliche Internet-Führer Suchenden
beim Finden der richtigen Ergebnisse zur Seite. Und Wikia Search, die
neue Suchmaschine des Wikipedia-Gründers Jimmy Wales, setzt darauf,
dass die Kommentare und Wertungen der Nutzer langfristig zu einer neuen
Qualität von Suchergebnissen führen werden. ... "Ganz ehrlich: Google wird im Bereich der algorithmischen Suche kaum
noch jemand schlagen. Auch wir nicht", sagt Thomas Servatius. Er ist
leitender Produktmanager bei Lycos Europe in Gütersloh und hat den
Dienst "Lycos IQ" mit aufgebaut... .(03/08, http://www.heise.de/tr/Suchmaschinen--/artikel/10364).